Geschichte des Bäckerhandwerks
im Dachauer Land und der Bäckerinnung Dachau

Teil 2: Die Geschichte der Bäckerinnung Dachau

Seit dem Jahr 1885 gab es eine Gesamtinnung für Dachau und Umgebung, in der alle wichtigen Handwerke vertreten waren: Am 6. Januar 1910 – im Gründungsjahr der Bäckerinnung Dachau – konnte sie ihr 25jähriges Bestehen feiern.

Bedeutsam waren die für alle Innungsmitglieder verbindlichen Regelungen für das Lehrlings- und Gesellenwesen, die von der Gesamtinnung geschaffen worden waren. Bei ihr fanden zweimal jährlich (i.d.R. Frühjahr und Herbst) Lehrlings- und Gesellenprüfungen statt.

Die Gesamtinnung richtete anläßlich des 1100jährigen Bestehens des Marktes Dachau im August 1908 die Jubiläums-Ausstellung für die Gewerbetreibenden des Bezirks, verbunden mit Volksfest und Tierschau, aus.

Ende Dezember 1905 hatten die Bäcker- und Müllergehilfen eine Gesellschaft (Verein) mit dem Namen „Gemütlichkeit“ gegründet. Ein Verein der Bäcker und Müller Dachaus und Umgebung existierte zu dieser Zeit bereits.

Am 23. September 1909 wandten sich die Bäckermeister Georg Hölzl, Sebastian Reim und Robert Teufelhart an das Bezirksamt Dachau mit dem Anliegen der Errichtung einer Zwangs-Innung für das Bäckergewerbe. Insgesamt hatten 14 Bäckermeister aus Markt und Landkreis Dachau unterzeichnet und damit ihre Unterstützung des Vorhabens bekundet.

Im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Innungserrichtung war eine amtliche Erhebung aller im Amtsbezirk existierenden Bäckereibetriebe nötig, denn die gesetzlichen Vorschriften sahen eine Mindestzahl von Betrieben für die Errichtung einer Innung vor. Von 45 Betrieben stimmten 23 für und 9 gegen die Errichtung der Innung. 13 machten keine Angabe.
Aufgrund dessen verfügte die Regierung von Oberbayern mit Anordnung vom 12. Juni 1910, dass die Innung mit Wirkung vom 1. September 1910 rechtskräftig errichtet sei.

Errichtung der Bäckerinnung Dachau

Amtliche Bekanntmachung der Regierung von Oberbayern über die Errichtung einer
Bäckerinnung für den Amtsbezirk Dachau in „Die Bäckerei“ vom 7. August 1910.

Auf Drängen der Landbäcker innerhalb der Innung ist die Zwangs-Innung zum Ende des Jahres 1912 schon wieder aufgehoben und stattdessen eine freie Bäckerinnung gegründet worden, der zunächst allerdings nur 15 Betriebe angehörten.

Kriegsbrot

Nationale Pflicht jedes Bäckers ist es, nur Gebäck von höchstem Nährwert herzustellen,
denn nur dadurch werden die vorhandenen ‘Brotwerte’ richtig ausgenützt. Kriegsbrot.
— Diamalt-Werbung in „Die Bäckerei“ vom 14.5.1916

Freie Bäecker-Innung Dachau

Lehrlingsfreisprechung und Aufdingung am 26. November 1916 —
Bekanntmachung der Bäckerinnung Dachau in der Zeitung „Die Bäckerei“ vom 19.11.1916.

Brotpreis 1925

Mitteilung der Bäckerinnung vom 19. Januar 1925 zum Brotpreis,
in: Amperbote vom 20.1.1925.

Im Jahr 1931 hatte die Bäckerinnung 49 Mitgliedsbetriebe; sie war – diesmal auf einhelligen Wunsch aller Beteiligten – wieder in eine Zwangsinnung umgewandelt worden! Mit dem Beginn der Zeit des Nationalsozialismus standen auch bei der Dachauer Bäckerinnung gravierende Entwicklungen bevor: Obermeister Steigenberger forderte in der auf den 25. April 1933 einberufenen Vorstandssitzung den Rücktritt der gesamten Vorstandschaft nach dem Gleichschaltungsgesetz. Der damalige kommissarische 2. Bürgermeister beauftragte den Ehrenobermeister Teufelhart mit der Leitung der Innungsgeschäfte. Teufelhart folgte dem Rufe und tat es gerne, galt es doch, eine Innung zu leiten, deren Geschicke ja er schon 13 Jahre in Händen hatte. [...] Am 2. Februar 1934 fand dann die Gründungsversammlung statt, bei der der Ehrenobermeister feststellen konnte, daß alle Kollegen erschienen waren.

Kreishandwerksmeister Zauner, Dachau, überreichte dem Ehrenobermeister die Bestallungsurkunde und erinnerte, daß die Zeiten der Zerrissenheit im ganzen Handwerk vorüber sind und daß es nur mehr gilt, im Sinne des Führers mitzuhelfen am Wiederaufbau des gesamten Handwerks. Ehrenobermeister Teufelhart bestellte dann seinen Mitarbeiterstab, und zwar Steigenberger, Dachau, als 2. Obermeister; Hermann, Dachau, als Kassier; Fellner, Dachau, als Schriftwart; Rottenfußer, Dachau, als Lehrlingswart; Zellner, Dachau, als Gesellenwart, und Pest, Indersdorf. Kreisleiter und Bürgermeister Friedrichs, der diese Versammlung später noch besuchte, gab seiner Freude darüber Ausdruck, daß Pg. und Ehrenobermeister Teufelhart wieder an der Spitze seiner geliebten Bäckerinnung stehe und eine Gewähr dafür biete, daß Geschlossenheit und Gemeinschaftssinn zum Erfolge führen werden. Mit dem Treuegelöbnis an den Führer und mit dem Deutschlandlied schloß Ehrenobermeister diese denkwürdige Versammlung.

Bäcker-Festzug 1934

Festzug im Rahmen der Handwerksschau, Gruppe der Bäcker, 1934.

Bäckerlehrlinge 1938

Bäckerlehrlinge in der Gewerbeschule Dachau, „Bäckerklasse“, Jahr 1938.

Von der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart

Die Bäckerinnung Dachau war bereits 1946 wieder aktiv für und mit ihren Mitgliedern tätig. Nach dem Zusammenbruch des Nazi-Reiches war die Nahrungsmittelversorgung der Menschen noch schlechter geworden, als in den letzten Kriegsmonaten. Der Getreidewirtschaftsverband, der zunächst noch weiter bestand, ordnete am 15. Mai 1946 an, dass Brot ab sofort nur unter Beimischung von 10 % gekochten Kartoffeln hergestellt werden durfte. Die Preise für Weizen-Kleingebäck 1947 waren auf 3,5 RPf. für die „glatte“ und 4 RPf. für eine „gestipfelte“ Semmel festgesetzt. Es war darauf zu achten, „dass beim Verkauf von gestipfelten Semmeln genügend glatte vorrätig“ waren.

Eine regelmäßige Stromsperre erschwerte in den ersten Nachkriegsjahren die Arbeit in der Backstube. Sie zwang die Betriebe zur Nachtarbeit, die ausnahmsweise genehmigt worden ist: „Der Arbeitsbeginn darf auf 24 Uhr festgesetzt werden. Jugendliche bis zu 16 Jahren dürfen jedoch erst ab 4 Uhr früh beschäftigt werden“, verkündete der Innungs-Obermeister Hermann in der Jahreshauptversammlung im September 1947.

Im Jahr 1953 konnte durch das neu geschaffene Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) der Grundstein für die Neuentstehung eines leistungsfähigen Handwerks gelegt werden. Der 1935 eingeführte „Große Befähigungsnachweis“ („Meisterzwang“) blieb bestehen. Die Handwerksordnung ist nach wie vor gültig und wurde zuletzt zum 1. Januar 2004 novelliert.

Taschengeldsaetze für Bäckerlehrlinge, 1958

Neue Taschengeldsätze für Lehrlinge im Bäckerhandwerk, Dezember 1958

Die Gebietsreform der Jahre 1972/1973 brachte auch eine grundlegende Neuordnung der Innungsgebiete mit sich. Die Zahl der Bäcker-Innungen reduzierte sich aufgrund der Neuordnung auf insgesamt 94 im Jahre 1973. In Oberbayern blieben von ursprünglich 25 Innungen 21 erhalten. Im Falle der Aichacher Innung erfolgte erst 1977/78 der endgültige Vollzug der Gebietsneuaufteilung. Damals kamen aus dem westlich angrenzenden neuen Landkreis Aichach-Friedberg die Bäckereien in Tandern (Regnat) und Hilgertshausen (Kornprobst) sowie Bauer und Mair aus Altomünster zur Bäckerinnung Dachau. Die in Fahrenzhausen (Hermann und Kistenpfennig) und Kammerberg (Bäcker) ansässigen Bäckereien hingegen kamen nach Freising.

Einführung von Brot-, Semmel- und Stollenprüfung

Seit 1982 veranstaltet die BI Dachau im öffentlichen Raum – abwechslungsweise im Kundenbereich der Volksbank und der Sparkasse Dachau – jährlich eine Brot- und Semmelprüfung. Eine Stollenprüfung der Bäckerinnung Dachau findet seit 1984 jährlich statt.

Brot- und Semmelprüfung DAH August 2010

Brot- und Semmelprüfung im August 2010; v.l.n.r.:
Jürgen Seidl, Indersdorf, Thomas Polz, Ampermoching, Hans Pest, Indersdorf,
OM Peter Denk, Dachau, Hans Wörmann, Niederrot und Prüfer Manfred Stiefel.

Stollenprüfung Altomuenster Dezember 2009

Stollenprüfung im Dezember 2009 im Rathaus in Altomünster; v.l.n.r.:
Bürgermeister Konrad Wagner, Stollenprüfer des Zentralverbandes Manfred Stiefel,
stv. OM Ludwig Kloiber, Petershausen, Helmut Slaniz, Karlsfeld und OM Peter Denk, Dachau.

Mitgliederzahlen der Bäckerinnung Dachau, 1910 – 2010

Jahr

Zahl der Betriebe

1910

45

1913

15

1919

20

1931

49

1955

59

1965

54

1975

ca. 45

1985

27

1995

23

2005

25

2010

24


Die Texte und Abbildungen sind der Schrift Die Bäcker und ihr Handwerk im Dachauer Land – Geschichte, Tradition und Organisation. Einhundert Jahre Bäckerinnung Dachau 1910 bis 2010 (von Johannes Haidn, hrsg. von der Bäckerinnung Dachau 2010) entnommen. Dort auch alle Quellenangaben.
Das Buch ist für 26,95 € bei der Kreishandwerkerschaft Dachau, Augsburger Straße 33, erhältlich.

Alle Abbildungen und Texte sind urheberrechtlich geschützt. Jegliches Kopieren, Speichern, sowie die Verbreitung und sonstige Verwendung bedarf der Genehmigung!


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